US-Compliance bei der AGCO Gruppe

Complianceforum.de im Gespräch mit Herrn Martin Richenhagen, Chairman, President & CEO von AGCO
München/Atlanta, den 7. Februar 2012

Complianceforum.de:
1)     Sehr geehrter Herr Richenhagen, Sie sind der Vorstandsvorsitzende der AGCO Corporation. Diese US-Aktiengesellschaft stellt weltweit Landmaschinen wie Traktoren und Mähdrescher her und vereint Marken wie Fendt und Massey Ferguson unter einem Dach. Ca. 20 000 Mitarbeiter erwirtschaften einen Umsatz von knapp 9 Mrd. US-Dollar. Wie definieren Sie Ihr persönliches Menschenbild und wie prägt dieses Bild den Unternehmensalltag?

Martin Richenhagen:
Ich gehe von der Erwartungshaltung der Mitarbeiter aus, um eine nachhaltige Geschäftsstrategie umzusetzen. Ende der 90-ziger Jahre habe ich ein Buch mit dem Titel „Simply Management“ veröffentlicht, in dem ich meine Vorstellungen von Führung beschreibe. Für mich persönlich am Wichtigsten ist, dass ich meine Mitarbeiter so versuche zu führen, wie ich von meinen damaligen Vorgesetzten gerne geführt worden wäre. Das heißt konkret: mit vielen kleinen Schritten das große Ziel erreichen.

Complianceforum.de:
2)     Wie gehen Sie innerhalb von AGCO mit den unterschiedlichen Geschäftspraktiken um? In China werden Geschenke erwartet, in Deutschland wird die Annahme von Geschenken ab einem bestimmten Wert mit Hinweis auf unternehmensinterne Compliancerichtlinien abgelehnt.

Martin Richenhagen:
Die AGCO Gruppe ist auf allen Kontinenten der Welt vertreten und für alle gilt nur eine Regel. Die Annahme von Geschenken muss in Übereinstimmung mit unseren Richtlinien erfolgen oder abgelehnt werden. Wenn Geschenke abgelehnt werden, dann beispielsweise mit dem Hinweis auf die eigene Kultur. Dies ist eine gesichtswahrende Form für beide Seiten. Der Hinweis wurde bisher immer verstanden und akzeptiert. Von unserer Seite verschenken wir zum Beispiel kleine Spielzeugschlepper. Das ist ungewöhnlich und sorgt für einen positiven und bleibenden Eindruck und bringt die Wertschätzung für den Geschäftspartner zum Ausdruck.

Complianceforum.de:
3)     Mit welchen Leistungsanreizen motivieren Sie die Mitarbeiter im Unternehmen?

Martin Richenhagen:
Alle Mitarbeiter der AGCO Gruppe werden mit Zielen geführt. Die Ziele sind ehrgeizig, erreichbar und messbar. 1/3 vom Grundgehalt wird als Bonus ausgezahlt. Die Höhe hängt von der individuellen Zielerreichung ab. Ich persönlich habe einen Bonus von 50%.

Complianceforum.de:
4)     Ist ein nachhaltiges Geschäft überhaupt möglich, wenn die Analysten Quartalsergebnisse einfordern?

Martin Richenhagen:
Das ist eine Frage der Kommunikation mit den Analysten. Ich muss als Vorstandsvorsitzender erklären, warum ich etwas so mache und nicht anders. Ich muss liefern, das heißt mehr Umsatz, mehr Marge, mehr Gewinn für die ACGO Gruppe. Nur ein Beispiel. Vor meinem Antritt wurde ein einstelliger Millionenbetrag für Forschung und Entwicklung ausgegeben. Unter meiner Führung werden jedes Jahr 350 Millionen US-Dollar für Forschung und Entwicklung investiert.

Complianceforum.de:
5)     In welchen Unternehmensbereichen registrieren Sie die meisten Complianceverstöße und wie decken Sie die Verstöße auf?

Martin Richenhagen:
Durch interne und externe Audits, sowie Whistleblowerhotlines kommen die Verstöße ans Tageslicht. Wir forschen den Sachverhalt aus und ziehen dann die entsprechenden Konsequenzen. Das reicht von einer Abmahnung bis hin zu einer Kündigung. Es gibt für den Mitarbeiter keine zweite Chance. Er ist im Unternehmen verbrannt und es wird auch offen kommuniziert, dass dieser Mitarbeiter sich nicht an Recht und Gesetz gehalten hat und deswegen gekündigt wurde. Es ist eine offene und transparente Kommunikation. Ich bin sehr stolz, dass wir in den 8 Jahren meiner Tätigkeit nur zwei 2 Fälle hatten. Im Bereich Einkauf und in der Zusammenarbeit mit Lieferanten geht es immer wieder um den Verdacht der Bestechung, gerade in Südamerika, Asien und Russland.

Complianceforum.de:
6)     Wie beziffern Sie das Kosten-Nutzen-Verhältnis eines Compliancemanagementsystems (Kosten, Schulung, Aufbau von Compliancestrukturen im Vergleich zu Aufdeckung von Complianceverstößen)?

Martin Richenhagen:
Die Frage nach den Kosten von Compliance ist keine Ausrede, auf Compliance komplett zu verzichten. Die Kosten der Implementierung eines Compliancemanagementsystems sind überschaubar und fallen nicht ins Gewicht. Wir haben bei AGCO die sogenannte AGCO-University, an der wir unsere Mitarbeiter aus- und weiterbilden. Ein wesentliches Element ist eine entsprechende Complianceschulung der Mitarbeiter. Der Nutzen von Compliance ist schwer in Zahlen auszudrücken. Mein Eindruck ist, dass die Mitarbeiter sehr motiviert und gerne bei AGCO arbeiten, weil sie wissen, dass wir keine Geschäfte machen, die uns später negativ in die Presse bringen. Und Compliance dient der Vermeidung von Strafen, die unter anderem bis zu 1 % vom Weltumsatz ausmachen können. Das drückt das Ergebnis und diese Wertvernichtung will niemand.

Complianceforum.de:
7)     Kann Compliance aus Ihrer Erfahrung heraus, eher als Wachstumstreiber angesehen werden oder mehr als Hemmschuh?

Martin Richenhagen:
Die AGCO Gruppe macht in über 140 Staaten der Welt Geschäfte. Mein Eindruck ist, dass die Korruption insgesamt rückläufig ist. Das Unrechtsbewußtsein wird größer. Und gerade in Ländern, wie beispielsweise Afrika, wo Regierungswechsel an der Tagesordnung sind, haben Sie einen klaren Vorteil, wenn Sie saubere Geschäftspraktiken leben. Compliance ist ein nachhaltiger Wachstumstreiber.

Sehr geehrter Herr Richenhagen. Vielen Dank für das Gespräch.
Das Gespräch führte Rechtsanwalt Christian Koch.

 

 

English:

US-Compliance in the AGCO group

Complianceforum.de:
1. Dear Mr. Richenhagen, you are the Chairman, President & CEO of AGCO Corporation. This US-stock company produces tractors and combines worldwide and sells brands like Fendt or Massey Ferguson. About 20,000 employees generate a turnover of 9 Billion US dollar. How do you define your idea of men and how does it influence the daily business?

Martin Richenhagen:
I build upon the employees’ expectations to realize a sustainable business strategy. Back in the nineties I published a book, called “Simply Management”. Here I describe my understanding of management. The most important thing is that I want to manage my employees like I wanted to be managed myself by my former supervisors. This means precisely: you can reach the goal with many little steps.

Complianceforum.de:
2. How does AGCO deal with different business practices? If you are doing business in China, people expect precious gifts. Normally in Germany people refuse to accept gifts with a certain value due to compliance regulations.

Martin Richenhagen:
AGCO Corporation makes business in every continent of this world and there is one rule for all. The acceptance of a gift has to be in accordance with our compliance regulations or must be refused. You can refuse the gift when you make clear that the acceptance of this gift is against your culture. This will help that nobody looses his face. This hint was and is always understand and accepted. For example we give toy tractors away. It is very exceptional and leaves a positive mark and demonstrates the appreciation for our business partners.

 Complianceforum.de:
3. How do you motivate your staff?

Martin Richenhagen:
Every single employee is managed by objectives. The objectives are ambitious, achievable and measurable. 1/3 of the wages is paid as bonus. The amount depends on the individual performance of the employee. Personally I have a bonus of 50 %.

Complianceforum.de:
4. Is a sustainable business possible when analysts ask for quarterly results?

Martin Richenhagen:
It is a question of communication with the analysts. As the CEO I have to explain why I do something in this way and not different. I must deliver. More Sales, more margin, more profit for AGCO. Here is one example. Before I became CEO of AGCO the company invested only single-digit millions in Research and Development. Today we invest around 350 Millions US-Dollars in Research and Development.

Complianceforum.de:
5. In which departments of your company do you register compliance breaches and how do you reveal them?

Martin Richenhagen:
Compliance breaches are revealed by internal and external audits or whistleblower hotlines. We investigate the facts of the case and draw the consequences. It varies from a warning to an extraordinary dismissal. There is no second chance for the employee. He is so-called “burned” within the company. The communication is open. Everyone in the company knows that this employee did not act in accordance with our compliance regulations and was therefore dismissed. The communication is open and transparent. I am very proud because during my time in the last 8 years we only had 2 incidents. In the buying department and in the cooperation with suppliers there is sometimes the suspicion of fraud, especially in South America, Asia and Russia.

Complianceforum.de:
6. How do you number the cost-benefit analysis of a compliance management system (costs, trainings, build-up of compliance structures in comparison to the revealing of compliance breaches)?

Martin Richenhagen:
The question about the costs of compliance is no excuse to resign completely of compliance. The costs of implementation of a compliance management system are manageable and do not really count. AGCO has the AGCO University where our employees are trained. A vital element is a decent training in compliance. It is very difficult to express the benefit of compliance. My impression is that employees are highly motivated and work gladly for AGCO, because they know we do not make business that gets us negative headlines in the press. And compliance serves the prevention of fines that could become 1 % of the world’s sales. That put pressure on the results and nobody wants this value destruction.

Complianceforum.de:
7. Speaking from your experience is compliance more a growth driver or a brake shoe?

Martin Richenhagen:
The AGCO-Group runs business in over 140 countries in the world. My impression is that corruption is declining. The knowledge that an act is wrong becomes bigger. Especially in countries like Africa, where change of government is almost a daily routine, companies have a clear advantage, when they practice clean business methods. Compliance is a sustainable growth driver.

Mr. Richenhagen. Thank you very much for your time.